Misslungene Hauptprobe: Das Basler Universitätsspital begeht im neuen Operationstrakt Ost Planungsfehler

Universitätsspital Basel

An einem Dienstag im Januar vor einem Jahr machten die Chirurgen im Operationstrakt Ost des Basler Universitätsspitals den ersten Schnitt. Während vier Jahren war zuvor auf dem Areal des einstigen Spitalhofs gebaut worden: ein fünfgeschossiger Neubau mit zehn Operationssälen, der erste Teil des Operationstraktes Ost. Es ist das grösste und teuerste Bauprojekt des Unispitals seit Jahren. Es wird damit über 16 Operationssäle, eine neue chirurgische Intensivpflege, einen neuen Aufwachraum, sowie eine neue Sterilgut-Aufbereitungsanlage verfügen. Beim Betriebsstart des ersten Teils vor einem Jahr lobte die Spitalleitung in einer Mitteilung, dass die Abläufe funktionieren würden und «keine nennenswerten Probleme» aufgetaucht seien.

Wie sich ein Jahr nach Inbetriebnahme zeigt, funktioniert der Neubau jedoch nicht so reibungslos, wie es sich die Planer erhofft hatten. Gegenüber der «Schweiz am Sonntag» berichten mehrere, von einander unabhängige, Mitarbeiter von Planungsmängeln. Gemäss Angaben eines Arztes der Chirurgie würden viele seiner Mitarbeiter lieber in den älteren Sälen im Westteil operieren. «Die Bedingungen im Neubau erschweren unsere Arbeit.» So fehle in den Operationssälen der Platz, um alle notwendigen Instrumente und Geräte von Beginn an bereitzustellen. Mitarbeiter müssten deshalb während eines Eingriffs den Raum immer wieder verlassen, Material versorgen und anderes bringen. Das verzögere die Eingriffe und berge ein Infektionsrisiko, weil mit dem Betreten des Saals auch Keime herein gelangen könnten.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Wege von den Waschstellen zu den Operationssälen. Diese seien ungewöhnlich lang und führten häufig an nicht sterilen Reinigungswagen und Stationsbetten vorbei. Für die Ärzte bestehe so Gefahr, sich zu verunreinigen. Ein anderer Mitarbeiter berichtet zusätzlich von zu schmal gebauten Türen zwischen Vorbereitungsräumen und den Operationssälen. Weil an den Türen die Sensoren fehlten, seien wiederholt Patientenwagen und Personal eingeklemmt worden. «Manchmal fragen wir uns», sagt einer der Mitarbeiter, «ob bei der Planung überhaupt ein Arzt involviert war.»

Hauptverantwortlich für die Planung ist auf Seite des Spitals Baukoordinator Roland Geiser. Er kennt die Kritik der Mitarbeiter und beschwichtigt: «Es war von Anfang an klar, dass die Betriebsabläufe zu Beginn alles andere als optimal sein werden. Auch die knappen Platzverhältnisse waren bekannt.» Grund dafür seien aber nicht Planungsmängel, sondern die noch nicht abgeschlossenen Bauarbeiten im Operationstrakt Ost. Bis das gesamte Bauprojekt abgeschlossen sei, müsse das Personal mit zahlreichen Erschwernissen leben. So fehlt es zurzeit noch an genügend Lagerraum, auch die automatische Transportanlage ist noch nicht in Betrieb und die grösseren Hybrid-Opera tionssäle für Spezialeingriffe werden erst in der zweiten Bauphase erstellt. Wichtig sei, sagt Geiser, dass dadurch weder Patienten gefährdet noch hygienische Probleme entstehen würden. Er räumt jedoch ein, dass im Betrieb auch gewisse Baumängel aufgetreten seien.

Die ungenügenden Sensoren bei den automatischen Türen wurden bereits ersetzt. Derzeit ist das Spital dabei, die Baupläne für den zweiten Teil des Operationstraktes anzupassen. So werden gewisse Türen verbreitert, damit die Instrumententische problemlos durchpassen, und die Waschstellen für das Personal werden an anderen Stellen gebaut, um die Wege zu verkürzen. Weitere Anpassungen werden noch diskutiert.

Der Operationstrakt Ost ist für das Universitätsspital die Generalprobe für den Neubau des Klinikums 2, der im kommenden Jahr beginnen soll. Und es ist das erste Mal seit der Verselbstständigung, dass das Spital die Bauherrschaft über ein Bauprojekt hat. Dass sich dabei nicht alles entwickelt wie erhofft, zeigt sich auch ausserhalb der Operationssäle, beim Blick auf den Zeitplan etwa: Bei Baubeginn ging das Spital noch davon aus, dass die Bauarbeiten am Operationstrakt bis Anfang dieses Jahres abgeschlossen werden können. Gemäss heutigem Stand verzögert sich die Inbetriebnahme jedoch um zwei Jahre auf Anfang 2018.

Weil umstritten ist, wer für die Verzögerungen die Verantwortung trägt, befindet sich das Baudepartement mit dem Generalplaner und dessen Versicherung in einem Rechtsstreit darüber, wer die finanziellen Folgen tragen muss.

Die Kosten übersteigen die ursprünglichen Prognosen bereits jetzt deutlich: Bei Beginn der Planungen rechnete der Kanton mit 90 Millionen Franken. Ein Jahr darauf bewilligte der Grosse Rat einen Kredit über 128 Millionen Franken. Und 2015 bezog das Spital beim Kanton zusätzliche 50 Millionen Franken an Fremdkapital, für «die Sanierung und Erweiterung des OP-Traktes Ost», wie die Regierung im Finanzbericht schreibt. Wie viel die Gesamtkosten am Ende betragen werden, kann das Spital nicht sagen.